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Heide Walb

Michael Seeger

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Wahlen in Paraguay am 27. April 2003


Titelseite von ULTIMAHORA, 22./23. Februar 2003
Seit Jahr und Tag wird der Diskurs in der Öffentlichkeit, insbesondere in den Medien, geprägt vom investigativen Aufdecken und Anprangern von Korruption, Unverantwortlichkeit (Irresponsabilidad) und Wirtschaftskrise. Die regierende Colorado-Partei ist seit 56 Jahren verantwortlich für einen Sog nach unten. Paraguay gilt als das korrupteste Land Südamerikas, ein Drittel der Bevölkerung lebt in Armut, die Produktion hat im Jahr 2002 die Ziffern von 1972 erreicht.
Würde die Wahl vom 27. April 2003 die Wende bringen? In den Umfragen lagen die Colorados ("die Roten" - hat aber mit Sozialismus nichts zu tun!) deutlich vor den "Blauen" (Liberalen) und "Patria querida" (Geliebtes Vaterland). Im Wahlkampf schien ganz Paraguay von den Colorados (Lista 1) plakatiert. Der Regierungspartei wurde vorgeworfen, Staatsgelder für die Wahlkampagne zu benutzen, ein Vorwurf, der ins allgemeine Korruptions-Bild passt.
Zu wählen waren von ca. 2,5 Mil. Wahlberechtigten der Präsident (nur ein Wahlgang), 45 Senadores (2. Kammer), 80 Deputados (1. Kammer), 17 Gobernadores sowie die Gobernación-Juntas (Regionalparlamente).

Die politischen Kräfte

1) Colorado-Partei (ANR), LISTE 1, durch rote (colorado) Parteifarbe identifiziert, seit 56 Jahren an der Macht. Ungefähr 1 Mio. eingeschriebene Mitglieder, darunter die meisten der 220.000 Beamten des Landes. Stärkste Partei, in der bereits Eltern und Großeltern vieler Mitglieder arbeiteten. Obwohl nach paraguayischem Verständnis ein Parteiwechsel ungefähr einem Vaterlandsverrat gleichkäme, gibt es viele Mitglieder, die in der abgeschirmten Wahlkabine wahrscheinlich ihrer Parteiführung einen Denkzettel verpassen werden. Ursache hierzu sind die wirtschaftliche und politische Krise sowie die politischen Verirrungen, die nach dem Umsturz im März 1999 begannen und bei denen es zu außergerichtlichen Erschießungen und Folterungen kam.

Der Präsidentschaftskandidat dieser Partei, Nicanor Duarte Frutos, gilt als Vertreter der Machthaber, die wie bisher weiter regieren wollen. Die von Experten als notwendig erachtete Privatisierung einiger Staatsbetriebe lehnte er bereits ab. In seiner Liste für Senat und Abgeordnetenhaus figurieren auf den besten Plätzen einige Politiker, die von den Medien als stark korruptionsverdächtig bezeichnet werden.
 
Infos über die Partien:
 
2) Liberale authentische Partei (PLRA), identifiziert durch blaue Parteifarbe. Zweitwichtigste, seit mehr als 100 Jahren bestehende Partei, die in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mehrere Regierungen stellte. Ungefähr 700.000 eingeschriebene Mitglieder. Nach anfänglicher Zusammenarbeit mit der Regierung nach dem Umsturz im März 1999 übernahm die Partei wiederum ihre Rolle als Oppositionspartei. Präsidentschaftskandidat Julio César "Yoyito" Franco verweist auf seine bisher von keinem Korruptionsgeruch belastete Laufbahn als Bürgermeister der Stadt Fernando de la Mora und als Vizepräsident der Nation. Wegen der unzureichenden Aussichten versucht er Wahlbündnisse mit anderen Parteien einzugehen, um mit einer gemeinsamen Front nach 56 Jahren der Herrschaft der Colorados die "Wende" herbeizuführen. Da mit anderen Parteien noch keine Einigung bezüglich eines gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten zustande kam, sind die Aussichten dieser Initiative noch unbestimmt. Besprechungen über ein Wahlbündnis gibt es mit den Parteien "Patria Querida" und UNACE.

3) Patria Querida (Geliebtes Vaterland) LISTE 8, eine vor drei Jahren durch den Eigentümer eines großen Finanzierungsbüros (in Paraguay ein bankähnliches Unternehmen) gegründete dritte Kraft. Nach Verkauf seiner Aktien entwickelte Initiator Pedro Fadul überraschend schnell diese neue Partei zu einer Gruppierung, die bei Meinungsumfragen bereits in der Nähe der Liberalen liegt und diese nach einigen Angaben bereits überflügelt haben soll. Seine Vorschläge sind: Abwendung von der allgegenwärtigen Korruption durch neue Personen in der Regierungsverantwortung und Sammlung aller patriotischen Kräfte, aus welcher Partei auch immer sie stammen mögen. Die Partei scheint von starken Unternehmergruppen sowie von der katholischen Kirche unterstützt zu werden. Einen Verzicht auf seine Präsidentschaftskandidatur im Rahmen eines Wahlbündnisses mit anderen Parteien lehnt Pedro Fadul ab.

 
Internationale Beobachter bestätigten eine ordnungsgemäße Vorbereitung und dann auch Durchführung der Wahl. Wir waren angesichts des geringen Bildungstandes des Wahlvolkes skeptisch.

Schon das Einschreibungsverfahren in das Wählerregister (September 2002) war so kompliziert, dass viele Wahlwillige an dieser Hürde scheiterten. Man muss da wählen, wo man sich eingeschrieben hat. Wer jetzt in Asunción studiert, sich aber vor einem halben Jahr in Filadelfia hat einschreiben lassen, musste zur Ausübung seines Wahlrechtes 500 km fahren.
 
Viel wurde über Stimmenkauf gesprochen.
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