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Michael Seeger

23. März 2002 Michael kommt zu Besuch

Hannah und Julian tragen die 50 kg schwere Stahlkiste ins Auto; ob sie beim Check-In durchgeht?

 

Der Check-In in BSL/MLH ging gut. Abflug 17:15 Uhr. Danke, Änne, für den Transfer zum Flughafen! Die Airfrance nahm die nach dem Piece-Concept eigentlich zu schwere und zu große Kiste problemlos an. Insgesamt hatte ich nach Gefühl das Gepäck genau auf die zugelassenen 64 Kg gebracht. In Paris/GDG nervte ein 5-stündiger Aufenthalt. Die TAM-Maschine nach Sao Paulo war überbucht. Service bescheiden, aber Flugtechnik und -Sicherheit waren o.k. (Airbus A 330). 7:00 Ankunft in Sao Paulo; geordneter Flughafen mit wenig Betrieb. Die Durchsagen in rührend langsamer Artikulation auf Portugiesisch und Englisch, so dass jeder die Infos verstehen kann.
Superpünktlicher Weiterflug (9:30) mit der TAM in einer nur halbvollen Fokker 100 der TAM. Ich saß schon, als ich durch das Fenster sehen konnte, wie meine Kiste verladen wurde. Das hat also geklappt!!
Schöner Flug nach Westen über eine bestens kultivierte kleinparzellierte Agrarlandschaft. Das Bild ändert sich schlagartig, wenn man mit dem Fluss Guaira die Grenze nach Paraguay überfliegt: Es wirkt wie unbesiedeltes Niemandsland. Der Flughafen von Ciudad del Este gespenstisch verlassen. Die Zwischenlandung dauerte auch nur 5 Min. Die Ankunft in Asuncion war superpünktlich um 12:05. 
Ehe ich sie erwartet hatte, kam Heide schon am Ende des Schlauches auf mich zugeflogen. Schön! Mit ihrer "Credencial" der Botschaft dürfte sie als VIP in den Zollbereich. 28°. Das sollte noch anders werden!

Im Hotel Portal del Sol erst mal relaxen. Es ist sehr gepflegt, wird von einem Deutsch-Paraguayer geführt. Mir fällt sofort ein badischer Aufkleber auf. Die Großeltern stammen vom Kaiserstuhl. Diese Vielfalt deutscher Einwanderer wird mir in den nächsten Tagen immer wieder begegnen. Tropischer Nachmittagsregen verwandelte die abschüssigen Straßen in Flüsse mit 1/2 m Wasser. Nach 1 Stunde ist der Zauber wieder vorbei. Pflasterstraßen wie bei den Römern, nur nicht so geglättet. Tempo 20 ist angesagt. Treffen mit Gerhard Strecker, Fachberater des BVA für Paraguay. Wir sondieren meine Einsatzmöglichkeiten als Referent in der Fortbildung für die deutschen Lehrer in Brasilien, Paraguay, Argentinien, Chile. Man ist sofort mit allen Menschen per Du. So auch mit den Programmlehrern, mit denen wir abends essen gehen. Diese hatten eine Tagung in ASU, deswegen war Heide auch dienstlich in der Hauptstadt. Das Essen ist sehr reichlich. Iss und trink so viel du kannst zum Komplettpreis. Viel Fleisch, aber zu sehr durchgegrillt; der Saft ist weg.

Am Sonntag ging's um 8:30 ab in den Chaco. Heides "Ritter", der Bibliotekar Randolf chauffiert eine Nissan-Camionetta. Keine Verkehrsschilder. An der "Kreuzung mit den Obstverkäufern" geht's nach Links Richtung Filadelfia. Die asphaltierte Straße Nr. 9 (Ruta Trans-Chaco) wird auch sonntags ausgebessert, das ist auch nötig; zahlreiche Löcher und Unterspülungen mahnen den Fahrer zur Vorsicht, der von Tempo 120 schnell auf 10 km/h runter muss. Wir brauchen durch den eher langweiligen Chaco auf der Trans-Chaco-Ruta 6 Std. reine Fahrzeit für die 470 km. Es sind jetzt ca. 36°. Nach 50 Std. von Wohnung zu Wohnung war ich also an meinem künftigen Wohnsitz angekommen.

Calle Asuncion in Filadelfia

Schon in den Dreißiger Jahren wurden die Erdstraßen sehr großzügig - vierspurig - angelegt; sie sind alle Eigentum der mennonitischen Kolonien und werden von diesen gepflegt. Der Verkehr ist sehr gering. Mehrfach täglich werden in der Stadt die staubigen Straßen mit Wasser besprüht. Überland natürlich nicht. Bei Trockenheit kann man auf diesen Straßen - z.B. der nach Loma Plata 120 km/h fahren. Bei Regen soll es schlimm aussehen...

 

Im grellen Licht präsentieren sich die 4-spurigen Sandstraßen der Stadt durchaus großzügig für den schwachen Verkehr. Hier geht man keinen Schritt zu Fuß. Es sei denn, man ist Indianer. Die gehen so langsam, wie sie arbeiten. Was mich erstaunt: Ich habe noch keinen Indianer lachen sehen. Sie sind eigentlich völlig ohne Mimik. Sie leben hier multikulturell zusammen mit den dominierenden Mennoniten und den Latein-Paraguayern. Ihre Sprache (Guarani oder Lengua) ist mir so fremd wie das Plattdeutsch der Mennoniten. Da kann man sich aber einhören. Kurios die weiße Haut und die strohblonden Haare vieler Menschen. Man muss es sich manchmal immer wieder vorsagen: "Et in America ego!"

Faszinierend ist für mich die Hilfsbereitschaft und Dienstleitungsfertigkeit der Mennoniten. Hast du ein Problem, sagt dir jemand eine Telefonnummer, der Elektriker steht 10 Min. später vor der Tür, verweis einem weiter an einen Gebrauchtwarenhändler für Waschmaschinen (Herr Löwen), der die defekte Maschine entsorgt und 30 Min später eine gebrauchte anschließt. Da das Probewaschen nicht zufrieden stellt, wird in der "alten Kooperative" eine neue gekauft, die 1/4 Std. später vor dem Haus steht. Herr Loewen kommt und holt nach "Terere" seine gebrauchte ab und hilft mir, die neue reinzutragen. Er hat keinen Gurani verdient und ist doch so hilfsbereit. "Man bemüht sich.", sagt er zum Abschied. Die Dienstleistungswüste in Deutschland könnte sich darn hochziehen!

Typische Straßenszene: Indianer - die sich sonst nur zu Fuß und per Rad bewegen - steigen auf einen Transport-LKW. 
In Menno gab es früher ein Schild: "Indianer abladen hier verboten!". Wegen der unglücklichen Formulierung ist es auf Proteste von Lehrern hin wieder entfernt worden.

Mein Arbeitszimmer ist bereits provisorisch eingerichtet, ich will den Laptop mit Heides PC vernetzen und bin auch (via Modem) am Internet. Ich freue mich darauf, hier demnächst zu arbeiten.

Die Räume haben Klima-Anlage, die wir sparsam anstellen. Ansonsten gilt das Ritual: Nach dem Aufstehen alle Glasfenster (vor den Fliegenfenstern) schließen, vor dem Schlafengehen die Glasfenster öffnen und  auf ein wenig Durchzug hoffen. Als Auto kommt natürlich nur eines mit Klimaanlage in Betracht.

Die niedrigste Temperatur waren 29° morgens um 6:00 Uhr. Da kann man sogar joggen und findet es frisch. Dann baut sich die Tageshitze auf, meist 40° und das zu Beginn des Winterhalbjahres! Noch bei Dunkelheit um 21:00 sind es 35°, um 2:00 nachts noch 30°!

Im Oktober hatten wir wochenlang 40 - 48°.

Der Chaco wird auch die "grüne Hölle" genannt, das Thermometer zeigt, warum.

"Und wenn der Mensch in 
seiner Qual verstummt,
gab mir ein Gott zu sagen,
wie ich schwitze."

frei nach Goethe, Torquato Tasso

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© 28.03. 2002 Michael Seeger update 21.03. 2003